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Das Werner-Richard-Berufskolleg bietet Schülern mit Behinderungen die Möglichkeit, den Führerschein für das Zweirad zu erwerben.

Am Werner-Richard-Berufskolleg der Evangelischen Stiftung Volmarstein können Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen den Mofa-Führerschein erwerben. So werden die Jugendlichen mobil. Und sie verbessern ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Kurz und knapp erklärt Angela Brock, warum sie an der Mofa-AG teilnimmt: „Ich will mobiler werden“, sagt die 21-Jährige, die eine Körperbehinderung hat. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern hat sie viel Spaß, wenn sie über den kleinen Übungsparcours kurvt. Es gilt Hütchen präzise zu umkurven und Verkehrsschilder zu beachten.

„Am Stoppschild mit beiden Beinen auf der Erde stehen!“ „Gleichmäßig Gas geben!“ „In der Kurve nicht ausscheren!“ Das sind die typischen Kommandos, die Christian Hannich den Teilnehmern der Mofa-AG gibt. Der 39-Jährige ist Lehrer am Werner-Richard-Berufskolleg. Er hatte die Idee, diese besondere AG anzubieten.

Hannich ist überzeugt: Der Mofa-Führerschein kann ein Pluspunkt bei einer Bewerbung sein. Schließlich müssen die jungen Leute Eigeninitiative und Beharrlichkeit zeigen, ehe sie am Ende eines Schulhalbjahres den „Schein“ in der Tasche haben. Pädagoge Hannich sieht es so: „Einem Bewerber mit Mofa-Führerschein traut man mehr zu als einem, der nur Bus fährt.“

Bevor die Jugendlichen in der Mofa-AG mitmachen können, müssen sie sich einem umfassenden Medizin- Check unterziehen. Dabei wird festgestellt, ob sie trotz ihrer jeweiligen Behinderung fahrtüchtig sind. Bei der Beurteilung gibt es keine Kompromisse: Schließlich sind u.a. Reaktions- und Koordinationsvermögen gefragt, um ein Mofa sicher im Straßenverkehr zu fahren.

Montags ist immer Mofa-AG. Dabei stehen im wöchentlichen Wechsel Theorie büffeln im Klassenzimmer und Fahrpraxis im Außenbereich auf dem Programm. Prinzipiell geht es zu wie in einer „richtigen“ Fahrschule. Das heißt: Es besteht das Risiko durchzufallen! Christian Hannich hat 2015 eine Fortbildung bei der Bezirksregierung absolviert, um als Fahrlehrer fungieren zu können. Er entscheidet am Ende, ob jemand praktisch in der Lage ist, im Straßenverkehr zu fahren. Dazu kommt noch eine theoretische Prüfung, die die AG-Teilnehmer beim TÜV ablegen.

Christian Hannich ist selbst begeisterter Motoradfahrer. Zuhause hat er mehrere Zweiräder der Marke Kreidler gesammelt. Für die Mofa-AG schaffte er mit Hilfe von Spenden zwei gebrauchte Mofas an. Der Technik-Lehrer hat beide Gefährte auseinander genommen und fachmännisch runderneuert. Vor mehr als 20 Jahren hat er selbst erlebt, wie wichtig das Mofa für ihn war. Damals konnte sich Hannich ebenso wie die heutigen Schüler kein Auto, sondern bestenfalls ein Mofa leisten. Er erinnert sich ganz genau, als er auf dem Zweirad durch die Gegend geknattert ist – und auf einmal fast überall allein hinkam. „Das war ein total geiles Gefühl“, berichtet er schmunzelnd.